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11.07.2017 12:23 Alter: 7 yrs

DVKC Kolumne Juli

Den Kosten darf man nicht nachlaufen, sondern muss Ihnen entgegengehen


Es wäre so schön, würde sich ein medizinischer Behandlungsprozess streng produktionswirtschaftlich verhalten. Dann könnten wir 24 Stunden an 365 Tagen best practise, best outcome und  medizinische Excellenz in unserem leading hospital nach SOP`s anbieten. 

Aber genug von den gern gewählten heilsversprechenden Anglizismen, die mich als Patient fürchten lassen, dass nachts ein freundliches hochmotiviertes OP Team unerwartet an mein Krankenbett tritt und mir zur Steigerung des Deckungsbeitrages bei freien Personal und OP Kapazitäten den nicht entzündeten Blinddarm vorsorglich herauszunehmen, nur weil gerade der Visceralchirurg im Bereitschaftsdienst Zeit hat.

Und natürlich ist die Welt auch keine Scheibe –aber  warum ist das Verständnis von Wirtschaftlichkeit so schwer zu vermitteln?

Alle Bemühungen mit Kennzahlen oder glühend vorgetragenen Excel Tabellen eine Einsicht zu erzeugen scheitern daran, dass sie in Teilen den Adressaten im Krankenhaus nicht erreichen. 

Das Verständnis von Kosten zu Erlösen sollte jedem Mitarbeiter für seinen eigenen Erfahrungsbereich klar werden. Und der schlichte Satz „ das ist zu teuer, das können wir uns nicht leisten“ erzeugt weder Verständnis noch die Bereitschaft zur Veränderung.

Vielmehr muss eine wertschätzende Interpretation von notwendigem Aufwand und gleichzeitig  die Vermeidung sinnfreien Aufwandes – und damit Kosten- die Bereitschaft und Mittäterschaft aller Prozessbeteiligten wecken.

Gerade die extern verpflichtenden Vorgaben der Belegungssteuerung, eines obligatorischen Entlassungsmanagements plus medizinischer Qualitätsvorgaben, zwingen alle klinisch Tätigen an der Vermeidung von unnötigem Aufwand zur eigenen Entlastung und damit konsekutiver Kosteneinsparung mitzuwirken.

Es gilt nicht härter, sondern intelligenter zu arbeiten! 

Anhand von patientenbezogenen und damit prozessualen Vergleichskosten –sog. Kostenäquivalenten- sind schnell die Handlungsfelder im Krankenhausbetrieb nach Fachgebieten definiert, ohne monatelang intern über Umlageschlüssel und  die Ungerechtigkeit der internen Verlegungen  ganze Chefarztsitzungen zu torpedieren.

Und in dem gemeinsamen Gespräch gilt es nicht das Defizit der unzureichenden Kostendeckung, sondern schlicht die Chance zur Zukunftssicherung gemeinsam mit den Beteiligten zu wecken.

Die eigenen Mitarbeiter wissen für Ihren jeweiligen Bereich stets was schlecht läuft, und wo die praktischen Handlungsfelder liegen. Und damit kann in einem strukturierten Dialog mit den Mitarbeitern eine gemeinsame und pragmatisch definierte Kosteneinsparung konsensual einfacher abgestimmt werden.

Also, gilt es sich pragmatisch die notwendige Kostentransparenz in der Klinik zu verschaffen, eine realistische Kosteneinsparung mit einer kleinen interprofessionellen Eingreiftruppe zu definieren, um sich endlich auf den gemeinsamen Weg zu machen. 

Und auch wenn vielleicht dann nur 80% des Zieles erreicht werden, doch ist jede Arbeitsentlastung und  Kosteneinsparung als gemeinsames Betriebsziel besser, als noch weitere Monate auf das noch genauere Umlageverfahren zu warten.

Denn solange ich eine rückwärtsgerichtete Kostenbetrachtung als Instrument zur Steuerung von Wirtschaftlichkeit verwende, ist es als würde ich beim Autofahren ängstlich in den Rückspiegel schauen, um verwundert ungebremst frontal gegen die Wand zu fahren. 

Kolumne von Dr. med. Hagen Schilling, Geschäftführer der OSB Krankenhausmanagementberatung und Mitglied im DVKC 
erschienen in f&w, Ausgabe Juli 2017